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Umweltverträglichkeitsuntersuchung mit interessanten Ergebnissen über das Handschuhsheimer Feld

In einer gemeinsamen Sitzung des Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschusses und des Umweltausschusses am 19.10.2005 wurde die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) "5. Neckarquerung mit Alternativen" durch den Gutachter Herrn Dr. Schemel vom Büro für Umweltforschung, Stadt- und Regionalentwicklung, München, vorgestellt und erläutert. Insgesamt 9 Varianten von einer Hängebrücke über einen Radieseltunnel bis zur Optimierungsvariante wurden nach 10 Kriterien auf Herz und Nieren geprüft.

Die UVU hat mehrere und wichtige Ergebnisse. Eines der interessantesten sind die Aussagen über die Wertigkeit des Handschuhsheimer Feldes. Für manche unerwartet kam die wissenschaftliche Bewertung, dass eine Straße durch das Handschuhsheimer Feld einen ähnlich schwerwiegenden Eingriff bedeuten würde wie der Bau einer Brücke durch das Europäische Naturschutzgebiet Alt-Neckar. Dazu führt die Untersuchung u.a. aus:

"Die große Bedeutung des Handschuhsheimer Feldes für Erholung (hohe landschaftliche Erholungseignung) wird durch folgende Eigenschaften unterstrichen:

bulletKulturlandschaft mit hohem Erlebniswert (Vielfalt der Nutzungen, Eigenart)
bulletRuhe, Ungestörtheit, frische Luft: „Rückzugsraum“ für Menschen
bulletDie stark ausgeprägte „Eigenart“ (der Charakter) des Gebietes wird durch die überwiegend klein strukturierte gartenbauliche Nutzung bestimmt.
bulletDas Gartenland bietet dem Heidelberger Bürger die Möglichkeit, die Herkunft seiner – regional vermarkteten – Nahrung kennen zu lernen (durch Besichtigung der Anbauflächen, Beobachtung des Wachstums und der Ernte, Kauf vom Erzeuger).
bulletDifferenzierung des Landschaftsbildes: Teile als intensives Gartenland mit kleinteiliger Vielfalt der Gartenparzellen und Obstkulturen, andere Teile – eher nördlich des Allmendpfades – weisen eher den Charakter einer offenen Landschaft auf.
bulletIn der Ebene einziges „Relikt“ einer zusammenhängenden Erholungslandschaft, die dicht besiedelten Wohnbereichen Heidelbergs unmittelbar zugeordnet ist.
bulletHohe Besucherfrequenz (besonders auf den Ost-West-Verbindungen: Allmendpfad, Mittelfeldweg, westliche Verlängerung des Angelweges)"

"Grund für die besondere Lebensraumqualität des Handschuhsheimer Feldes ist die Kleinteiligkeit seiner Nutzungen und die damit zusammenhängende hohe Vielfalt an pflanzlichen Strukturen auf kleinem Raum. Solche kleinräumigen landbaulichen Nutzungsstrukturen sind in Zeiten der industrialisierten Landbewirtschaftung mit ihren großen Schlägen extrem selten geworden.

Die Beeinträchtigungen der Tierwelt durch Überbauung und Zerschneidung von Lebensräumen sind im Handschuhsheimer Feld auch bei der günstigsten Trasse (mit Ausnahme des Nordzubringers als Tunnel) deutlich gravierender als die Beeinträchtigungen der Fauna durch die Neckarbrücke."

Bei der Untersuchung der 4 möglichen Varianten eines Nordzubringers kommt der Gutachter zu dem Ergebnis:
"Der große Nordzubringer als Tunnel („Radieschentunnel“) ist mit den geringsten Beeinträchtigungen der Umwelt verbunden. Gegen ihn – wie auch gegen den im folgenden näher betrachteten kleinen Nordzubringer – spricht jedoch die geringe verkehrliche Wirksamkeit (die hier jedoch nicht weiter thematisiert wird)."

"Gegen den kleinen Nordzubringer durch das Handschuhsheimer Feld sprechen vor allem 

bulletdie gravierenden Störungen der sehr hohen landschaftlichen Erlebnisqualität des Handschuhsheimer Feldes. Dieser Raum ist ein für Heidelberg sehr bedeutsames, direkt an dicht bebaute Wohnsiedlungen angrenzendes Erholungsgebiet, das durch Ruhe und durch eine außerordentliche kulturlandschaftliche Vielfalt gekennzeichnet ist. 
bulletdie erheblichen Beeinträchtigungen der Tierwelt mit ihren geschützten Arten, die sehr empfindlich auf die Belastungen durch Flächenentzug und Lebensraumzerschneidung reagieren."

Auch eine Neckarbrücke würde zu gravierenden Eingriffen für die dort lebenden oder durchziehenden, z.T. durch bundesdeutsches oder europäisches Recht geschützten Vögel führen. Ein solcher schwerwiegender Eingriff wäre nur dann eventuell möglich, wenn er durch Ausgleichsmaßnahmen abgefedert und durch die EU-Behörde genehmigt würde. In der Sitzung wurde deutlich, dass die EU-Behörde an eine solche Genehmigung einen strengen Maßstab anlegen würde. Wichtigstes Kriterium dabei ist, ob Alternativen bestehen, mit denen das Planungsziel "Bessere Anbindung des Uni-Campus" auch auf anderem Wege erreicht werden kann. Und in diesem Punkt kam der UVU-Gutachter aufgrund der vorliegenden Verkehrsuntersuchungen zu einem eindeutigen Ergebnis: Bereits die Optimierungsvariante mit folgenden Maßnahmen

bulletStraßenbahnanbindung des Campus
bulletBewirtschaftung der Stellplätze der Uni
bulletJob-Ticket für die Beschäftigten
bulletBeschleunigung der OEG-Linien zwischen Weinheim und Handschuhsheim durch ein zweites Gleis zwischen Schriesheim und Weinheim
bulletEinrichtung einer zusätzlichen OEG-Linie von der Bergstraße über Handschuhsheim OEG-Bhf, Berliner Str., Ernst-Walz-Brücke, HBF, Mannheim im 10min-Takt und
bulletOptimierung der Verkehrsknoten in der Berliner Straße

führt im Jahr 2015, also nach Bau der neuen Kliniken und Gebäude, zu einer annähernd ähnlichen verkehrlichen Entlastung wie der Bau einer Neckarbrücke. Im Vergleich zu heute würden allein durch diese Maßnahmen die heutigen Staus und Überlastungen des Straßennetzes verschwinden, nur in der Berlinerstraße nördlich der Mönchhofstraße würden auch im Jahr 2015 noch geringe Überlastungserscheinungen auftreten, allerdings deutlich weniger und seltener als heute.

(Hintergrund: In der Optimierungsvariante wurde nur ein Teil der möglichen ca. 20 Maßnahmen berücksichtigt, die sinnvoll wären. Außerdem wurde die Optimierungsvariante mit 5500 Stellplätzen gerechnet, deutlich mehr als die Uni im Endausbau haben wird. Die Zahl der Stellplätze bestimmt direkt die Höhe des Autoverkehrs. Die neuen Kliniken und Gebäude im Neuenheimer Feld werden zu einem Großteil auf heutigen Stellplatzflächen errichtet werden, diese Stellplätze entfallen deshalb in Zukunft. Das Baurechtsamt wird bei der Genehmigung der Neubauten den Bau neuer Stellplätze vorschreiben. Dabei muss sich das Baurechtsamt nach der Landesbauordnung richten und bei entsprechender Verbesserung des ÖPNV die Stellplatzanforderungen an die tatsächliche Situation anpassen. Eine Berechnung der zukünftigen Stellplatzzahl auf dem Uni-Campus nach der Landesbauordnung ergibt für die Zukunft zwischen 2100 und 2650 Stellplätze im Neuenheimer Feld. In diese Richtung gehen auch die Planungen der Universität: Bei der jetzt vorbereiteten Parkraumbewirtschaftung werden für 4000 vorhandene Stellplätze Parkberechtigungen vergeben. Dabei sind 900 Stellplätze für Besucher und Patienten und 3100 Stellplätze für Beschäftigte vorgesehen.)

Auch die Reaktionen auf die UVU waren interessant. Heinz Reutlinger (CDU) erklärte, dass nach dem eindeutigen  Ergebnis der UVU für ihn die Neckarquerung endgültig gestorben ist. Karl Emer (SPD) erklärte für die SPD-Fraktion, dass sich die SPD durch das Ergebnis der UVU voll bestätigt sieht. Dem schloß sich Peter Holschuh (GAL-Grüne) für die Grünen voll inhaltlich an.

Die Universität war mit 3 Vertretern als Sachverständige geladen, von denen sich allerdings nur Herr Stroux zu Wort meldete. Er machte die bemerkenswerte Aussage, dass er die UVU so verstanden habe, dass eine Brücke durch das Naturschutzgebiet zulässig ist, wenn die Optimierungsvariante nicht greift oder nicht durchgeführt wird. Diese Interpretation rief allgemeines Erstaunen hervor und veranlasste GAL-Gemeinderat Christian Weiss zu der Frage, ob dies der Schlüssel zu der Frage sei, warum sinnvolle und längst überfällige Maßnahmen bisher nicht umgesetzt wurden oder wie im Falle der Strassenbahnerschließung nun schon seit Jahren durch die Uni blockiert werden ? (Nachtrag: Nur eine Woche nach Vorstellung der UVU lehnte die Universitätsspitze in der entscheidenden Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr eine Erschließung des Uni-Campus durch eine Straßenbahn nahe der Arbeitsstätten und Hörsäle strikt ab. Wenn eine Straßenbahn, dann solle sie im Klausenpfad am Südrand des Handschuhsheimer Felds fahren, wo aber niemand hin will. Künstliche Staus über Jahrzehnte, um schließlich doch noch eine Brücke durch das Naturschutzgebiet zu erzwingen ?)

Auch einzelne Vertreter von CDU (Dr. Jan Gradel, Monika Frey-Eger, Prof. Sonntag) und HEIDELBERGERN (Nils Weber) versuchten mehrmals, die Studie so zu interpretieren, dass eine Brücke eventuell doch zulässig wäre. Dies wurde jedoch durch den Gutachter mehrmals richtiggestellt: Da durch die Optimierungsvariante die Planungsziele der Brücke annähernd erreicht werden können, ist ein Eingriff in das FFH-Gebiet nicht vertretbar und nicht zulässig.

Thomas Krczal (SPD) appellierte am Schluss wie zuvor schon Derek Cofie-Nunoo (generation-hd) an alle, jetzt endlich daran zu gehen, die längst überfälligen und dringend notwendigen Maßnahmen auch und gerade im Interesse der Beschäftigten, der Studenten, der Patienten und der Besucher umzusetzen und nicht weiter zu verhindern.

Auf einer öffentlichen Veranstaltung der Stadtverwaltung am 10.11.05 stellte  der Gutachter Dr. Schemel und die zuständigen Fachämter die Umweltverträglichkeitsuntersuchung noch einmal ausführlich vor. Dabei wurde noch deutlicher als bei der Vorstellung im Gemeinderat, dass auch die verschiedenen Varianten eines Nordzubringers durch das Handschuhsheimer Feld nicht mehr diskutabel sind, da sie sowohl für die Menschen als auch für die Natur gravierende Auswirkungen hätten und ihre verkehrsentlastende Wirkung überdies viel zu gering wäre. Interessant war die Antwort des Gutachters auf eine Frage aus dem Publikum, ob die Neckarbrücke durch das FFH-Gebiet vielleicht doch noch durchsetzbar wäre, wenn interessierte Kreise so wie in den letzten Jahren auch in Zukunft die Maßnahmen der Optimierungsvariante (Parkraumbewirtschaftung, Jobticket, Straßenbahnanbindung) weiter verhindern und dadurch den Staudruck weiter erhöhen würden ? Der Gutachter antwortete, dass eine solche Strategie von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Sie würde zwar die Staus anwachsen lassen, könnte die Brücke aber trotzdem nicht durchsetzen, da die Optimierungsvariante weiter eine Alternative zur Brücke durch das Naturschutzgebiet bliebe und die EU-Kommission einer Brücke deshalb nicht zustimmen würde. Nur wenn die Optimierungsvariante dilettantisch umgesetzt wird, könnte es passieren, dass Brücke oder Nordzubringer wieder auf die Tagesordnung kämen.

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